Die privaten Glockensammlungen in Schwarzenberg und Rittersgrün
Zum 4. Geburtstag schenkte mir mein Großvater eine Tierglocke, die ab dem folgenden Winter am Schlitten befestigt wurde.
Die Freude über diesen kleinen Klangkörper mit einem Durchmesser von 60 mm war so groß, dass ich daraufhin immer wieder mit Glöckchen beschenkt wurde.
Die Liebe und das Interesse an Glocken wurde mir bereits in die Wiege gelegt. Sowohl die Großmutter als auch meine Mutter hatten ein weites Herz für Glocken und Türme.
Beide waren über Jahre hinweg begeisterte Glöcknerinnen und gaben diese Liebe und das Interesse an mich weiter.
Auf dem Dachboden unseres Hauses baute ich mir zwischen den Balken kleine Tragwerke ein an denen die Lager für die Glockenjoche befestigt wurden. Und so hatte ich die Möglichkeit die Glöckchen auch richtig zu läuten.
Im Alter von etwa 10 Jahren schraubte ich an die Rückwand unseres Stalles eine alte ausgediente Egge, an deren Zähne ich 9 verschieden große Ton-Blumentöpfe hängte.
Diese waren so ausgewählt, dass es eine Tonleiter ergab. So hatte ich eine Oktave von c aus, mit der Erweiterung durch das b. Somit war es möglich, einen größeren musikalischen Umfang zu erzielen.
Nicht jeder Blumentopf war klanglich geeignet. Immer wieder suchte ich damals Blumentöpfe nach den Tönen aus.
Meine Mutter, als begabte erzgebirgische Spitzenklöpplerin, besaß die für dieses Kunsthandwerk benötigten Holz-Klöppel, die man zu DDR-Zeiten nur durch Beziehungen erwerben konnte.
Aber genau diese eigneten sich hervorragend für das Anschlagen meines „Blumentopf-Glockenspieles“. Also trug ich ihr einige Klöppel fort und baute sie in meine Glocken ein.
Erst Jahre später erfuhr sie durch eine Fernsehsendung vom Verbleib ihrer wertvollen Klöppel und trug das dann mit Humor.
Im Laufe der Jahre wuchs die Sammlung von Glöckchen verschiedenster Materialien immer weiter an.
Die Liebe und Leidenschaft zu Glocken und Türmen ermöglichte mir, bereits als Kind Läutejunge unserer Kirche zu werden und erhielt mit 14 Jahren meinen ersten Turmschlüssel.
Die Turmstube und die Glockenstube gehörten zu meinen Lieblingsplätzen. Die Pfarrer wussten von diesem Steckenpferd und unterstützten das nach Möglichkeit, so gut es ging.
Von Kindheit an beschäftigte ich mich auch mit den Themen „Glockenguss“, „Musik der Glocke“, „Bedeutung und Sinn des Läutens“ und einfach mit vielen Dingen, die das Thema „Glocken“ zum Inhalt haben.
Ich besuchte Lehrgänge und Schulungen. Ich war zu Küster- und Glöcknerseminaren und hielt bald selbst Vorträge zu diesem Fachgebiet.
Im Jahr 1988 wurde ich durch das Landeskirchenamt zum Glockenfachberater für die Kirchenkreise Aue und Werdau berufen.
Später durchlief ich die Ausbildung zum Glockensachverständigen an der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg und an der Katholischen Hochschule für Kirchenmusik Regensburg, wo ich dann die Prüfung zum
Glockensachverständigen ablegte.
In unserem historischen Wohnhaus und dem angrenzenden Hof befindet sich mit nahezu 350 Exponaten der Hauptteil der inzwischen stattlichen Glockensammlung.
Darunter befindet sich ein 4-stimmiges Geläut aus Bronze- und Messingglocken. Mit den Nominalen: g´´´ / es´´´ / b´´ / g´´ (Florians-Glocke, Türmer-Glocke, Marien-Glocke und Bet-Glocke) sowie der 1985 in Apolda gegossenen
Bronzeglocke „Christus-Glocke“ mit dem Nominal: a´´.
Und die im Jahr 2010 im Kloster Maria Laach gegossene Bronzeglocke „St.Wendelin-Glocke“ mit dem Nominal: as ´´.
Eine Bochumer Stahlglocke mit dem Nominal h´ und mit einem Gewicht von ca. 320 kg steht vor dem Haus und lädt Besucher und Gäste zur Besichtigung ein.
Aus Platzgründen können dort allerdings nur die kleineren Exemplare aufbewahrt werden.
Deshalb eröffneten wir im Herbst 2007 im ehemaligen „Schmerzingschen Hammer“, dem ältesten Gebäude des idyllischen Bergdorfes Rittersgrün, die Glockenausstellung mit dem Café „Plumbum“.
Das Areal gehört zur Firma: -Kunstglaswerkstätten Fritzsch- und der Name Plumbum weist auf die dortige traditionelle Fertigung von Blei-Verglasung hin.
Im historischen Gebäude befindet sich neben den etwa 50 Glocken-Exemplaren mit liebevoll gestalteten Texten auch eine Auswahl an Ausstellungstücken der Blei-Glas-Kunst.
Im Außengelände entstand der „Glockenpark“ mit den größeren Glocken, die samstags 16 Uhr zu hören sind, zum Beispiel ein dreistimmiges Bochumer Stahlgeläut mit den Nominalen e´/g´/ a´.
Es hat ein Gesamtgewicht von 2240 kg.
Auch drei einzelne Eisenhartgussglocken der Firma Lattermann Morgenröthe davon zwei mit den Nominalen d´´ und eine mit dem Nominal a´.
Die Glockensammlung besteht derzeit aus ca. 500 Glocken, Glöckchen und anderen Klangkörpern.
Jede der Glocken hat ihre eigene Geschichte, was die Sammlung sehr interessant gestaltet.
Führungen, Vorführungen und Erklärungen sind unter vorheriger Anmeldung möglich.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Gerd Schlesinger
Türmer der Stadt Schwarzenberg
Glockensachverständiger
Jörg Eller
Glockensachverständiger